Sonntag, 20. Mai 2007

"Wir bitten um Ihr Verständnis"

Eigentlich ist es ja ganz einfach, das Bahnfahren in Berlin..sollte man zumindest meinen. Wenn man aber auf den Bahnsteigen wirren Blicken begenet, wenn sich noch mehr Menschen am Rolltreppenende nicht zum Weitergehen entschließen können als sonst und Körper mit hochroten Köpfen kreuz und quer herumlaufen, dann, ja, dann ist Pendelverkehr! Es ist ja nicht so, dass man nicht dort ankommt, wo man hin möchte..es dauert nur etwas länger. Im gestrigen Falle rein rechnerisch etwa zehn Minuten, gefühlt das dreifache davon. Als gut informierter Mensch hat man die Vorwarnung natürlich schon morgens im Radio vernommen, das macht die Situation zwar nicht besser, aber man kann sich innerlich schon mal auf die exotischen Reaktionen einstellen. Kurz überlege ich mir zwei Ausweichmöglichkeiten: Tram und dann laufen, U-Bahn und dann laufen, aber was soll's: Augen zu und durch. Am Alex angekommen steht dann auch in großen Buchstaben PENDELVERKEHR ALEXANDERPLATZ-FRIEDRICHSTRAßE auf der Anzeigetafel. Von der Lautsprecherstimme, die ausnahmsweise mal zu verstehen ist, kommt eine Fahranweisung. Trotzdem verfällt ungefähr ein Viertel der Fahrgäste in Panik. Und als ob ein Alternativfahrplan abgedruckt sei, werden auf einmal Stadtpläne in ihrer ganzen Pracht aufgeklappt, Fahrscheine kritisch angeschaut (?) und Mütter scharen ihre Kinder um sich. Nein, das ist nicht das Ende der Welt, das ist doch nur der Pendelverkehr. Na endlich, die S-Bahn kommt. Am Rande sei notiert, dass es besonders schön zu beobachten ist, wie überrascht einige Leute sind, dass die Bahn aus der anderen Richtung kommt..ähh. Die Luft im Wagon verdient die Bezeichnung frisch nicht und beim Hinsetzten brechen zwei ältere Damen einen Streit vom Zaun. Ich denke an die zehn Minuten und daran, dass Zeit tatsächlich eine Ähnlichkeit zu Kaugummi hat. An meiner Wochenend-Lieblingsstation, dem Hackeschen Markt, einem DER Treffpunkte für Berlin-ist-ja-so-hipp-Anhänger, pressen sich dann noch ungefähr 26 Menschen in bessere Laken gekleidet, aber mit 'wir sind noch hipper als die Hauptstadt' Körpersprache, in die Bahn und aneinander. Und ich notiere mir gedanklich, dass ich, sobald ich nach Hause komme, duschen muss. Wir fahren und einer fragt doch tatsächlich, wie weit dieser Zug fährt. Grünes Gras, grünes Gras...! An der Friedrichstraße ploppen dann die Menschen wie ein Sektkorken aus der Bahn, aber anstelle weiterzugehen – bleiben sie stehen. Ich schlängele mich an den, mal mehr mal weniger fülligen, Hindernissen vorbei und erwarte insgeheim schon eine Medaille als ich am Ende unversehrt auf der Straße stehe. Na gut, man kann ja noch träumen ;-) Jetzt nur noch dem Freiaboaufdrängler ausweichen und sich mental schon mal auf den Rückweg vorbereiten..nee, dann doch lieber laufen und Tram.

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